27. Januar 2021doctorhelp - Home - Interview Teil1
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Medizin Interview doctorhelp.deChronische Schmerzen Interview Teil 1![]() Interview: Dr. Martin Krumbeck
im Gespräch
Herr Dr. Krumbeck, 7,5 Millionen Schmerzpatienten allein in Deutschland - das ist eine sehr große Zahl. Stimmt das denn so überhaupt?
Ja, die Schätzungen gehen von etwa 7,5 Mio. Schmerzpatienten in
Deutschland aus. In einer Umfrage 1998 gaben gut 10% der Befragten
Bürger zwischen 18 und 79 Jahren an, in den letzten vier Wochen
unter starken und sehr starken Schmerzen gelitten zu haben. 47%
klagten über leichte und mäßige Schmerzen. Etwa mehr als 9% der
Befragten gaben an, aufgrund der Schmerzen "ziemlich oder sehr bei
der Erfüllung von Alltagstätigkeiten behindert gewesen zu sein".
Eine Umfrage der Weltgesundheitsorganisation in mehreren Metropolen
rund um den Globus ergab 1997, dass etwa 30% der Befragten mind.
6 Monate lang im zurückliegenden Jahr "die meiste Zeit unter Schmerzen
litt". Dies bedeutet, dass das Problem chronischer und wiederkehrender
Schmerzen eine enorme Bedeutung in unserer Gesellschaft hat, insbesondere
da auch bei den Kindern und Jugendlichen zunehmende Zahlen bzgl.
chronischer Schmerzen nachgewiesen wurden. Man schätzt in Deutschland
alleine die schmerzbedingten Arbeitsausfälle auf etwa 20 Mrd. €
pro Jahr.
Dagegen stehen bundesweit nur ein wenige hundert Schmerzpraxen und
ein paar Kliniken. Wie kommt das?
Ja leider besteht eine große Diskrepanz zwischen dem enormen Behandlungsbedarf chronisch Schmerzkranker und den realen Möglichkeiten in unserem Gesundheitssystem. Besonders problematisch ist hier die zunehmende Notwendigkeit in den Arztpraxen, "5 Min. Medizin" zu machen. Dieses ist für einen chronischen Schmerzpatienten eine völlig unzureichende Versorgung. Die Tatsache, dass auch Schmerzambulanzen unter einem hohen wirtschaftlichen Druck stehen, führt häufig dazu, dass auch hier vorwiegend "Tablettentherapien" durchgeführt werden. Insgesamt kann man von einer ungenügenden Versorgungslage für chronische Schmerzpatienten sprechen.
Nun hat ja jeder irgendwann mal Rücken- oder Kopfschmerzen. Ab wann kann man denn von chronischen Schmerzen sprechen?
Es gibt offizielle Definitionen von chronischen Schmerzen, die die Dauer der Schmerzen in den Vordergrund stellen. Hier wäre eine Dauer von 3 oder max. 6 Monaten eines regelmäßig wiederkehrenden Schmerzes die Grenze. In der Praxis sind aber andere Kriterien vorrangig wichtig, nämlich wie stark einschränkend die Schmerzen sich auf das Berufsleben, auf das Familienleben, auf die Hobbies, auf die eigene Stimmung und damit auf die Lebensqualität auswirken. Auch Kriterien wie die Tatsache, ob die Schmerzen auf normale "Schmerzmittel" ansprechen oder nicht bzw. ob der Schlaf durch die Schmerzen entscheidend gestört ist, spielen in der Praxis eine entscheidende Rolle.
In den schlimmeren Fällen entwickelt sich dann ein Bild, das wir als "Chronische Schmerzkrankheit" bezeichnen und das weitgehend von der ursprünglichen Ursache der chronischen Schmerzen losgelöst ist.
Was sind denn die typischen Schmerzsymptome an denen die Menschen leiden?
Die häufigsten und damit typischen Schmerzsymptome sind Kopfschmerzen,
Rückenschmerzen, aber auch Schmerzen im Bewegungsapparat (Muskeln,
Bänder, Gelenke), Schmerzen bei rheumatischen Erkrankungen und Nervenschmerzen.
Nervenschmerzen können verschiedenster Natur, wie beispielsweise
nach einer Gürtelrose oder nach einer Amputation (Phantomschmerzen).
Auch psychosomatische Schmerzen spielen statistisch eine erhebliche
Rolle.
Jetzt gibt es ja auf dem Markt eine sehr große Palette an Schmerzmitteln.
Reicht das denn als Therapie nicht aus?
Schmerztabletten sind häufig bei "normalen Schmerzen" gut wirksam.
Sie stellen auch eine wichtige Hilfe bei chronischen Schmerzen dar,
wirken aber häufig dort nicht mehr ausreichend und in Extremfällen
gar nicht mehr. Zudem vertragen gerade chronische Schmerzpatienten
häufig Medikamente schlecht. Neben Magenschmerzen, Nieren- und Leberschäden,
Verstopfung und andere typische Nebenwirkungen ist bei Kopfschmerzen
ein medikamentenbedingter Kopfschmerz ein typisches Folgeproblem.
Häufig entwickelt sich ein Teufelskreis, der darin besteht, dass
die Medikamente immer schlechter wirken und daher in immer größeren
Mengen eingenommen werden, so dass oft die Nebenwirkungen die Vorteile
des Medikamentes übersteigen.
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